„Der Verein SG Dynamo Dresden und die Fans stehen aktiv gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung (aufgrund ethnischer Zugehörigkeit, religiöser und sexueller Orientierungen sowie körperlicher und geistiger Beeinträchtigung) innerhalb und außerhalb des Stadions ein.“ (Fancharta, Punkt 1.2., Stand Januar 2015)
Wir begrüßen die am 01.01. in Kraft getretene aktualisierte Fancharta. Neben vielen wichtigen Aspekten ist auch oben zitierter Antidiskriminierungskonsens zu finden. Es gilt, diesen Punkt mit Leben zu füllen.
Seit 2012 besuchen wir regelmäßig mit Asylsuchenden Heimspiele unseres Vereins, um diesen Menschen ein wenig kulturelle Teilhabe zu ermöglichen und gleichzeitig für ihre Schicksale, Sorgen und Ängste zu sensibilisieren, neben denen unsere Wohlstandsproblemchen oftmals peinlich und nebensächlich wirken.
Die Ängste und Sorgen der Asylsuchenden sind in den letzten Wochen nicht kleiner geworden. Vor allem montags trauen sich hier in der Region viele unserer Mitmenschen aus Angst nicht mehr aus dem Haus. Aus Angst vor stigmatisierenden Blicken. Aus Angst vor diskriminierendem Verhalten. Aus Angst um ihre körperliche Unversehrtheit!
Ausländerfeindliche Äußerungen, Drohungen und Schmierereien sind mittlerweile mehr als nur Randerscheinungen. Und vor Übergriffen wird auch nicht zurückgeschreckt. Es entsteht eine bedrohliche Stimmung, wodurch sich beispielsweise der Besitzer eines Hotels davon abbringen ließ, eine bereits zugesagte Nutzung des Hotels als Unterkunft für Asylsuchende zu verwirklichen. Ein beklemmender Umstand, der ebenso Fragen aufwirft, wie die unfassbare Herangehensweise der Ermittlungsbehörden nicht nur bezüglich der Aufklärung des Todes von Khaled Idris Bahray vergangene Woche in Dresden.
Eine Polizei im Übrigen, die montags damit beschäftigt ist, aggressive, junge Kerle im Zaum zu halten, die für die Jagd auf Andere mit den Füßen scharren. Schläger, die einen Spaziergang „abschirmen“, zu dessen selbsterklärten Zielen es gehört, Extremismus zu bekämpfen. Nach diesem öffentlich gemachten Selbstverständnis der „Spaziergänger“ dürften weder NPD-Kader, noch sonstige Rechtsextremisten, Rassisten und Gewaltaffine geduldet werden. Es dürfte gar nicht notwendig sein, per Mikrofon Schlägerrudel schon fast anzuflehen, nicht auf Andersdenkende loszugehen. War es aber und wird es sein.
Da sind die zweifelhaften, von nebulösen Allgemeinplätzen strotzenden, medial veröffentlichten 19 Punkte. Die erst durch eine Ausgestaltung mit konkreten Maßnahmen ernstzunehmen wären – und wohl oder übel verraten würden, wes Geistes Kind man eigentlich ist und wessen nicht. Sie sind „für die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen und politisch oder religiös Verfolgten. Das ist Menschenpflicht!“ Aha. Dafür sind wir und das Grundgesetz auch. Und konkret?
Wir sind auch für Stromerzeugung! Aber wie? Atomenergie? Wasserturbinen? Dynamos? Wie soll der Strom gespeichert werden? Wie transportiert? Wie die Erzeugung nachhaltig gewährleistet?
Es gehen verschiedene Menschen zu den Spaziergängen, mitunter aus Motiven, die wir teilen, wie der Wut über wachsende soziale Ungleichheit, über eine Politik für Banken und Konzerne zulasten von Bürgern und deren Rechten. Jedoch findet keine ehrliche Abgrenzung zu rassistischen Schlägern und Antidemokraten statt. Eine Abgrenzung, die fehlt, die aber doch so dringend notwendig wäre, um diverse Sorgen klarer artikulieren zu können, um angehört zu werden. Stattdessen werden offen zu Tage getragene Fremdenfeindlichkeit und Rassismus mindestens geduldet und mit ihren Parolen gegen Sündenböcke gehetzt. Unter dem Eindruck der öffentlichen Schelte rückt man noch enger zusammen, statt den faulen Teil rauszuschmeißen. Gemeinsam schreit man inbrünstig, man sei das Volk. Statt sich der Treiber von Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Gewalt zu entledigen, fühlen sich rechte Ideologen und Menschenfeinde bestärkt und ermutigt.
„Liebt eure Feinde und tut denen Gutes, die euch hassen.“ Dieser hehre Anspruch wird nicht nur in der Bibel formuliert. Uns fällt das verdammt schwer. Aber man kann mit dem Versuch anfangen, der eigenen Verantwortung gerechter zu werden, als man es noch gestern wurde, indem man nicht nur den anderen, sondern auch sich selbst hinterfragt. Das kann für jeden etwas anderes bedeuten: Sich nicht mehr korrumpieren zu lassen; sich stärker von Hass abzugrenzen; einen Irrweg zu verlassen, sich nicht mit der Suche nach und der Hetze gegen Sündenböcke aufzuhalten, sondern Probleme ernsthaft anzugehen. Manch einer hat vielleicht auch die Kraft und die Zeit, sich für Schwächere zu engagieren. Um so etwas zu erkennen, helfen manchmal schon ein paar einsame, ruhige Minuten und ein Spiegel. Wir wünschen jedem, dass er noch in selbigen schauen kann.
Sie sind „gegen Hassprediger, egal welcher Religion zugehörig!“ Wir auch, allerdings ernsthaft! Wer montags noch nichts vor und keinen Bock auf Hass hat, ist nicht nur zum Neujahrsputz mit „Dresden für alle“ willkommen.