Am 9. November 2015 besorgten es sich zahlreiche Bürger in Dresden wieder selbst. Ihren Höhepunkt fanden die angsterfüllten Teilnehmer erneut in kruden Theorien: laut einer Rednerin dieses Sektenzirkels würden die sogenannten Gutmenschen angeblich die Bücher von Erich Kästner verbrennen. Außerdem müsste endlich mal Schluss sein mit diesem ganzen nervigen „Schuldkomplex“ hinsichtlich der Vergasung von Millionen von Menschen und so. Wird ja auch mal Zeit, immerhin sind wir ja alle später geboren und können nichts dafür. Wir haben ja alle auch endlich gelernt, so etwas wird uns nicht nochmal passieren. Um das zu belegen, kokettieren wir mit menschenverachtender Rhetorik und Logik – es ist ja schon so lange her, das kann uns doch auf keinen Fall nochmal passieren.
Während die Retter des christlich-jüdischen Abendlandes nun also Woche für Woche den gleichen Unsinn von sich geben, haben wir uns am Montag mal unserem „Schuldkomplex“ hingegeben. Im Rahmen dieses geschichtsträchtigen Tages putzten wir unsere fünf gestifteten Stolpersteine in der Nähe der Schauburg – dem Gründungsort der SGD – und gedachten mit Blumen und Kerzen, stellvertretend für alle Opfer der NS-Diktatur, der Familie Urbach.
Die oftmals beschworene „christlich-jüdische Abendlandkultur“ spielte dann offenkundig für einige Teilnehmer der Demonstration keine Rolle mehr. Blumen und Kerzen, die im Rahmen der Andacht zum 9. November an verschiedenen Standorten in Dresden niedergelegt wurden, wurden einfach weggetreten.
Sächsische Zeitung: Putzen statt Kicken