Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Berliner Prügelpolizisten sind uns nicht unbekannt. Auch rechnet man, wenn man in die Hauptstadt fährt, durchaus damit, dass es die einen oder anderen Scharmützel geben wird. Da es beim 60-jährigen Vereinsjubiläum allerdings hunderte Fans nicht rechtzeitig ins Stadion geschafft haben und es seitens der Polizei Vorgehensweisen gab, die man schlichtweg als strafrechtlich relevant bezeichnen kann, müssen wir das an dieser Stelle einfach thematisieren.
Wir möchten allerdings darauf verzichten, einen detailierten Verlauf des Abends, wie damals zum Hannoverspiel, zum Besten zu geben. Aber aus unserer Sicht gibt es ein paar Schwerpunkte, die nicht unerwähnt bleiben sollen.
Ein ganz normales Auswärtsspiel
Wie bei jeder größeren Menschenansammlung gibt es selbstverständlich auch bei den Spielen unserer Sportgemeinschaft einen gewissen Prozentsatz an Arschlöchern. Das brauchen wir nicht leugnen. Irgendwelche Arschmaden, die gezielt Autospiegel zertreten oder Scheibenwischer abbrechen, gehören strafrechtlich verfolgt. Dieser Aufgabe muss die Polizei nachkommen. Es gibt wohl auch wenige Leute aus unseren Reihen, die sich über derartige Schäden am eigenen Auto freuen würden. Auch diese dümmlichen Suffnasen, die den dunkelhäutigen Mitarbeiter dieses Kletterwaldes/Zeltplatzes/wasauchimmer mit sogenannten «Affenlauten» anmachen mussten, sind verzichtbar. Aber die sind nun einmal da. Entscheidend ist, dass diese Ausfälle eben individuelle Handlungen sind und nicht Handlungen von der Gesamtheit der Dresdner Fans. Das mag eigentlich jedem logisch denkenden Menschen selbstverständlich sein, liest man sich allerdings die Medienberichte des Wochenendes durch, scheinen auf dem Fanmarsch 1000 «Chaoten» gewütet zu haben. Dem ist aber mitnichten so, im Gegenteil. Trotz Provokationen und Schikanen durch übermotivierte Berliner Polizisten sind nahezu alle anwesenden Fans erstaunlich entspannt geblieben. Das war großes Kino! Übrigens: Entgegen der Meldungen der letzten beiden Tage gabe es KEINE Festnahmen beim Spiel. Was sich die etlichen «sogenannten Medienvertreter» gedacht haben, unreflektiert und unrecherchiert irgendwelche Halbwahrheiten zu übernehmen, bleibt wohl deren Geheimnis.
Visier zu und drauf!
Machen wir uns nichts vor − Bereitschafts- und Bundespolizei muss sich viel Gepöbel bei so einem Spiel antun und aushalten. Ob es die richtige Reaktion diverser Polizisten ist, bereits vor dem ersten Kontakt mit Fans vom «Sachsenpack» zu sprechen, ist natürlich fraglich. Es verdeutlicht jedenfalls die grundlegende Einstellung zum bevorstehenden Einsatz.
Klar, der Einsatz von Shuttlebussen von Spindlersfeld war natürlich nicht doof. Zumindest auf den ersten Blick. Denn immerhin sind durch die baulichen Gegebenheiten in der Alten Försterei die Zugänge zum Gästeblock sehr eng, so hätte man die große Menge an Fans in überschaubaren Gruppen zum Stadion bringen können. Dennoch muss man einfach davon ausgehen, dass dieses Bus-Angebot von einem Großteil der Fans abgelehnt wird. Aus gutem Grund, denn es gibt keine wirkliche Notwendigkeit, uns dort in Busse zu zwängen. So hatten die Sicherheitskräfte sich das natürlich nicht vorgestellt. Im Gegenzug machte sich Team Green dann mehrfach zu vermeintlichen Tätern. Denn die Tatsache, dass ein Kessel nicht verlassen werden darf, kann ggf. als Freiheitsberaubung rechtlich verfolgt werden − sicherlich mit offenem Ermittlungsausgang. Oder die Situation nach Spielende, als einzelne Fans recht zügig zum Ausgang gegangen sind, um sich auf den Heimweg zu machen. Dort wurde durch die Polizei eine Sperre errichtet und gesagt, es werden jetzt hier alle Fans gesammelt. Und das betraf nicht nur jugendliche, männliche Personen, sondern eben auch Frauen und Männer gehobeneren Alters, wie ein uns zugesandter Erlebnisbericht (siehe unten) bestätigt. Die Frage ist, wie wir als Fans damit umgehen − lassen wir jeglichen Mist mit uns machen, auch wenn es womöglich keine rechtliche Grundlage dafür gibt? Lohnt es sich vielleicht für die Dresdner Fanszene, solche Vorgehensweisen künftig rigoros anzuzeigen? Welcher bürokratische Mehraufwand würde dann auf die Kollegen zukommen, hm? Die ganzen Innenminister hätten wieder Grund zu jammern, Überstunden und so. Aber solches Vorgehen darf künftig einfach nicht mehr mit «so läuft das halt auf Auswärtsspielen» abgetan werden. Wir Fans müssen uns gegen diese repressiven Maßnahmen offensiver zur Wehr setzen, irgendwann reicht es einfach.
Wenn unser ehemaliger Geschäftsführer Volker Oppitz von den Einsatzkräften bepöbelt und geschubst wird, nur weil irgendwelche Fans ein Foto mit ihm machen wollen oder wenn sich unser momentaner Hauptgeschäftsführer, der sich immer politisch korrekt gibt, mit Erich Mielke-Vergleichen an die Presse wendet, dann kann man das nicht einfach ignorieren.
Der generelle Ablauf des Fanmarsches war eine Farce. Nicht nur, dass den Beteiligten schnell klar wurde, dass bei dem Schneckentempo, welches die Polizei vorgab, viele Fans den Spielbeginn nicht sehen würden. Auch der Zwang, den Marsch nicht verlassen zu dürfen (z.B. für die eigene Notdurft) grenzt an Nötigung. Da stellt sich natürlich zwangsläufig die, sicherlich etwas paranoid anmutende, Frage, ob es überhaupt gewollt war, einen friedlichen Ablauf seitens der Ordnungskräfte zu gewährleisten oder ob man mit dem bewussten Verzögern des Marsches nicht dazu beitragen wollte, dass dann vor dem Eingangsbereich Hektik entsteht?!
Interessant auch das Vorgehen der Polizei an der ersten Vorkontrolle, als ein recht kleiner Jugendlicher, der sichtlich gezeichnet durch die Drucksituation vor dem Eingangsbereich war, (halb?)ohnmächtig gegen einen Polizisten fiel, welcher ihm sofort den Knüppel über den Kopf zog. Ein junger Mann, der für ihn Partei ergriff und sagte, der Jugendliche könne einfach nicht mehr und sei umgestürzt, also gäbe es keinen Grund, ihn so zu vermöbeln, wurde dann wiederum von zwei uniformierten Kollegen mit Knüppeln traktiert. Geht’s noch, ihr Ar&$§§“%?X@r? Es wundert uns, dass es trotz diesem polizeilichen Verhalten auf Fanseite so ruhig geblieben ist. Das war außergewöhnlich.
Auch die in den Medien kolportierte Behauptung, Fans hätten den Zaun im Gästeblock aufgeschraubt, ist regelrecht dummdreist. Im Endeffekt gab es das nicht unübliche Wackeln am Zaun, der immerhin an der rechten Seite mit einer (!) Schraube befestigt und dementsprechend locker war. Das führte dazu, dass die Ordner im Innenraum versuchten, mit Kabelbindern aus Plastik den Zaun zu sichern. Nun reden wir hier von einem Fußballspiel, da gehört ein gewisses Katz und Maus-Spiel mit den Sicherheitsträgern einfach dazu. Das ist auch nicht verwerflich, solange keine Menschen verletzt werden oder eine akute Gefahrensituation heraufbeschworen wird. So trug es sich also zu, dass diese Kabelbinder natürlich von der nächstbesten Person mit einem Feuerzeug traktiert wurden und somit nutzlos waren. Auch die Ordner haben das eher mit einem Augenzwinkern zur Kenntnis genommen. Die Konsequenz war, dass zwei Ordner innerhalb des Blocks an den Ort des Feuerangriffs auf die Kabelbinder geschickt wurden, welche dann, entgegen der Pressemeldungen, von einem Fan verbal darauf hingewiesen wurden, dass sie an dieser Stelle nichts zu suchen hätten. Sie wurden nicht aus dem Block «gedrängt», wie behauptet, sie sind umgedreht und zurück gelaufen.
Medien und Polizei Hand in Hand
Wir haben es auch schon in anderen Artikeln immer wieder erwähnt: der Staat und seine Ordnungsmacht, aber auch die Medien müssen sich darüber klar sein, welche Konsequenzen diese Behandlung vorrangig junger Menschen und die falsche Berichterstattung haben. Oder glaubt tatsächlich jemand, dass möglicherweise illegale, willkürliche Maßnahmen behelmter Polizisten und falsche Zeitungsartikel das Vertrauen in demokratische Strukturen stärken? Warum konnte der Sportinformationsdienst sid bereits in der selben Nacht von Ausschreitungen berichten (was natürlich alle Medienanstalten ohne Prüfung übernommen haben − dann braucht man auch gar keine Journalisten mehr, ehrlich!) und sich vor allem dabei auf Mitteilungen der Polizei berufen?
Zumindest im Nachgang revidierte Guido Busch von der Berliner Polizei die Medienberichte etwas: http://www.mdr.de/mdr1-radio-sachsen/audio520410.html
Was bleibt ist die Erkenntnis, dass es sich wieder um ein ganz normales Auswärtsspiel handelte. Und das ist das eigentlich Erschreckende.
Erlebnisbericht:
Wir, vier Leute zwischen 53 und 66 Jahren, davon 2 K-Block-JK-Besitzer sowie zwei Premieren-Auswärtsfahrer (darunter auch zwei sächsische Polizeibeamte…), können uns nur negativ über das Vorgehen der Berliner Polizei äußern. Angereist mit dem Auto, stiegen wir am Berliner Stadtrand in das Auto eines Berliner Bekannten um. Der brachte uns bis Spindlersfeld. Dort sahen wir den „Dynamo-Marsch“ von hinten. Der stand mehr, als dass es vorwärtsging. Wir wollten deshalb die Straße queren, um auf dem Fußweg der anderen Seite schneller voranzukommen. Doch die Berliner Polizei forderte uns unmissverständlich auf, in den Block zu gehen. Nach ein paar Minuten des Kaum-Vorwärtskommens wurde es uns zu bunt, wir versteckten unsere Dynamo-Schals und so gelang es uns, seitwärts den Block zu verlassen. Wir liefen die Stecke zurück und wechselten nun doch auf die andere Seite. Dort überholten wir den Block innerhalb kürzester Zeit (Fotos davon haben wir…). Vorm Block fuhren Polizeiautos im Schneckentempo. Da ahnten wir bereits, dass die eingekesselten Fans nie pünktlich ins Stadion kommen würden.
Die Eingangskontrollen waren ein weiteres Highlight. Der Älteste musste seinen Kuli, auf dem sein Name plus Adresse eingraviert war (!!!), abgeben. Hätte er ja auch garantiert als Wurfgeschoss genutzt…
Nach dem Spiel verließen wir mit als erste das Stadion, bedrohlich eng beidseitig flankiert von der Polizei. Kurz nach dem Ausgang stellte sich uns die Polizei in den Weg. „Sie werden hier gesammelt“, wurde uns gesagt. Wir wollten aber weder gesammelt werden, noch wollten wir zum Bahnhof. So kam es zu leichten Rangeleien. Wir fühlten uns genötigt und sagten das auch deutlich. Schließlich ließ man uns passieren, nachdem wir fallenließen, dass auch selbst Polizisten unter uns seien. Vielleicht lag es aber auch an unserem „fortgeschrittenen“ Alter. Wären das junge Leute gewesen, wäre das „Aufmucken“ sicher nicht so glimpflich ausgegangen.
Nachtrag: Auch der ehemalige Geschäftsführer Volker Oppitz hat auf Facebook seine Eindrücke geschildert. Ihr findet sie unter https://www.facebook.com/volker.oppitz/posts/147830295395501