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Monat: November 2012

«Fankultur zwischen Panikmache und notwendiger Konfliktschlichtung»

Die Rosa-Luxemburg-Stiftung hatte am 14.11. zu einem Vortrag des Fanforschers Gerd Dembowski mit anschließender Podiumsdiskussion geladen. Ca. 30 Menschen, darunter zwei Mitglieder unserer Initiative und mehrere bekannte Personen der Dresdner Fanszene, folgten der Veranstaltung.

Die Entstehung des Fußballs im Allgemeinen und der damit zusammenhängenden Gewalt beleuchtete der Soziologe in seinem Vortrag sehr anschaulich. Desweiteren ging er auf die Werte und das Sein eines jeden Fans und speziell der Ultras ein, welche z.T. aus territorialer Abgrenzung, sowie übertriebenen Männlichkeitsritualen besteht, aber auch eine sehr demokratische und heterogene Jugendbewegung hervorgebracht hat, welche trotzdem den Sinn für Rebellion oder Widerstand im progressiven Sinne nicht verloren hat. Gleichzeitig wurde auch über die Kanalisierung und Ventilfunktion von Gewalt im Fußball gesprochen, welche er vor allen Dingen mit Unfreiheit im Alltag (z.B. am Arbeitsplatz, in der Familie…) zu erklären versuchte.

An die speziellen Dresdner Probleme z.B. mit der nicht abstreitbaren Gewalt in der Fanszene und der häufig viel zu hysterischen Medienberichterstattung, sowie den Problemen des städtischen Umgangs mit der Fanszene und dem Verein, richtete sich auch die anschließende Podiumsdiskussion. So waren neben Dembowski auch Torsten Rudolph (Leiter des Fanprojekts Dresden e.V.), Tilo Kießling (Stadtrat der LINKEN) und Thilo Alexe (Redakteur der Sächsischen Zeitung) Mitdiskutanten. Moderiert wurde die Veranstaltung von der MdL Verena Meiwald, ebenfalls DIE LINKE und selber bekennender Dynamo-Fan, moderiert.
Einen Großteil der Diskussion nahm die Kritik an den polizeilichen Einsatzkonzepten und der gesellschaftlichen Akzeptanz von Fußballfans ein. Während Rudolph dies am Beispiel des Fanprojektes festmachte, welche immer in der öffentlichen Verteidigung für ihre Arbeit stünden, erzählte Dembowski und der ebenfalls anwesende Vorsänger des K-Blocks, Lehmann, von ihren Erfahrungen mit dem Versagen der Polizei und die Medienhysterie, beispielsweise anlässlich des Spiels in Hannover. Kießling betonte daraufhin auch, dass die so genannten Krawalle später auch politisch ausschlachtbar seien und neues Öl in das Feuer der Law-and-Order-Politik z.B. eines Lorenz Caffier (Vorsitzender der Innenministerkonferenz) gießt. Thilo Alexe verteidigte insbesondere die lokalen Medien und sprach von einer spielbezogenen und sachlichen Analyse der Ereignisse. Vielmehr seien auch die örtlichen Medien an den Auswärtsspielorten für das schlechte Bild verantwortlich, schließlich seien beispielsweise die Bürger in Sandhausen eine so hohe Präsenz an Polizei und möglicherweise «kräftigeren Dresdnern» nicht gewohnt. Allerdings sagte Alexe auch, dass über nichts auch nicht berichtet werden könne, lobte jedoch die Fanszene von Dynamo als mittlerweile reifer und offener als früher.

Ebenfalls als äußerst positiv wurde die Antirassismus-Arbeit von Seiten des Vereins und der Fanbasis gesehen, namentlich nannte Torsten Rudolph dabei unsere Initiative. Lehmann betonte außerdem, «die Fanszenen in Deutschland haben schon damit angefangen, wovon alle Politiker nur träumen. Sie haben Freunde in Europa und setzen sich regelmäßig mit deren Kultur auseinander und besuchen diese auch!». Nicht ohne Anerkennung sagte Tilo Kießling auch noch einmal, wie gut die Ultras und die Fanszene doch insgesamt vernetzt seien und wie langsam die Mobilisierung von Menschen doch dagegen bei den Gewerkschaften oder einzelnen Parteien dauere. Ein Vergleich, der für das ein oder andere Schmunzeln sorgte.

Abschließend wurden noch die Wünsche geäußert, wie Dynamo in 5 Jahren aussehen soll. Neben dem sportlichen Verbleib in Liga 2, bei dem sich alle Beteiligten einig waren, forderte Alexe eine Verminderung der Gewalt in der Fanszene. Eine verbesserte oder gleichbleibende Kommunikation mit UD und anderen wichtigen Gruppen waren die Wünsche des FP bzw. des Fanbeauftragten Marek Lange, während eben jene Gruppe die Legalisierung von Pyrotechnik und einen repressionsfreien Freiraum forderte. Auch von Seiten des Stadtrates wurde dem Verein alles Gute gewünscht, wobei hierbei Kießling explizit mehr Toleranz der Stadtoberen im Umgang mit Dynamo-Fans einforderte und hoffte, dass der Verein in 5 Jahren keinem übermächtigen Mäzen gehört.

Alles in allem war es eine sehr gut moderierte Veranstaltung mit kompetenter Podiumsbesetzung. Insbesondere die Einbeziehung der anwesenden aktiven Fanszene wurde positiv angenommen. Etwas bescheiden war dagegen die Werbung für eben jene Veranstaltung, da sie doch nur über die Kanäle der Rosa-Luxemburg-Stiftung und der Linkspartei gingen, vielleicht wäre es dann zu einer größeren Bandbreite an Publikumsgästen gekommen, z.B. durch Kritiker der Fanszene oder «normale» Stadionbesucher. Außerdem wäre ein Gegenpart auf dem Podium schön gewesen, beispielsweise ein Vertreter der Polizei oder der CDU. So war es dennoch ein sehr lockerer und schöner Abend, welcher noch einmal in ähnlicher Form wiederholt werden soll.

Wir sagen DANKE zu sagenhaften 4157,08 Euro!

Wann kann man schon einmal ein Spielertrikot in einer Sonderausführung bekommen? Da nur wenigen Fans am Zaun das Glück hold ist, einmal ein Originaltrikot des Lieblingsvereins sein Eigen zu nennen, bot sich in den letzten 2 Wochen die Chance, mehrere Exemplare der Sondertrikots vom Spiel gegen Eintracht Braunschweig zu ersteigern.

Sagenhafte 4157,08 € kamen für einen echten Kirsten, Poté, Fiél, Gueye, Koch oder Brégerie zusammen. Wir sind überwältigt und wollen uns bei der SG Dynamo Dresden für die Unterstützung bei Durchführung unserer Ideen zur FARE-Woche (Football against Racism in Europe) bedanken. Ein mindestens ebenso großes Dankeschön geht an die Spender, die nicht nur ein Einzelstück erworben haben, sondern mit ihrer Spende auch noch verschiedene Antirassismusprojekte unterstützen.

Einen Teil des Geldes werden wir dem Verein „Stolpersteine für Dresden e.V.“ zu Gute kommen lassen. Ca. 50 glänzende und mahnende Pflastersteine erinnern derzeit in Dresden an ehemalige Mitbürger, die aufgrund ihrer Herkunft, Religion, sexuellen Orientierung oder politischen Gesinnung dem Nationalsozialismus zum Opfer fielen.
Weiterhin wollen wir im Laufe der Saison mit Hilfe des Ausländerrats und anderer Partner asylsuchenden Fußballfans die Möglichkeit geben, Dynamo im Stadion zu erleben. Außerdem werden mehrere Länderabende im Fanprojekt mit Spielern der SGD gestaltet. Weitere Projekte wie ein antirassistisches Fußballturnier und der Besuch von Gedenkstätten an die Opfer des Nationalsozialismus durch interessierte Dynamofans, zum Beispiel im Rahmen von Auswärtsfahrten, können aufgrund der beeindruckenden Summe ebenfalls realisiert werden.

Rückblick: der «Fangipfel» in Berlin

Unter besonderer Beobachtung stand am 01.11.2012 der erste bundesweite Fankongress. Auf dem Vereinsgelände des 1. FC Union Berlin hatten sich 250 Fans und Vertreter von 49 Vereinen und erfreulicherweise auch der ein oder andere Verbandsfunktionär eingefunden. Initiiert von den Fans des Gastgebers sollte hier gemeinsam über das weitere Vorgehen im Umgang mit dem Konzeptpapier der DFL diskutiert werden. Von Dynamo-Seite anwesend waren 13 Personen, darunter Fanprojekt, Fanbeauftragter, Fangemeinschaft, wir und UD.

Geprägt von den, vor allem während des Spiels, stimmungsvollen Eindrücken des Vorabends und den ersten Reaktionen des Medienechos waren auch wir gespannt, was der Tag in Berlin bringen würde. Den zahlreichen Medienvertretern unterstellen wir einfach mal echtes Interesse am Thema. Der Empfang unserer Vereins- und Fanvertreter mit den Worten: «Das ZDF hat schon nach euch gefragt.», lässt daran zumindest teilweise zweifeln. Also erstmal inkognito Platz genommen und im Verlaufe des Treffens eher im Hintergrund geblieben.

Durch den Tag zog sich die Forderung, die Fans und ihre Wünsche ernstzunehmen und Ihnen Mitbestimmungsmöglichkeiten einzuräumen. Unaufgeregt wurden von verschiedenen Rednern zu Beginn die aktuellen Zustände zusammengefasst. Besonders die Rolle der Politik wurde intensiv beleuchtet. Anstatt zu versachlichen und bereits umgesetzte positive Maßnahmen hervorzuheben, würde immer reflexartig angeprangert und polemisiert werden. Dabei würden gern einmal falsche Zusammenhänge hergestellt. Dem BVB und auch der SGD beispielsweise wirft man dabei seitens der Hardliner aus Politik und Polizei Machtlosigkeit und Unfähigkeit vor, die Gewalt in den Griff zu bekommen. Doch sogar das umstrittene Sicherheitskonzept «Sicheres Stadionerlebnis» stellt fest, dass der Verein für Vorkommnisse außerhalb des Stadions nicht verantwortlich ist. Dort ist es Aufgabe des Staates für Ordnung zu sorgen, der durch solche Äußerungen anscheinend von den eigenen unzulänglichen Bemühungen ablenken will. Angenehm in diesem Zusammenhang fiel dabei Andreas Rettig auf. Der designierte DFL-Geschäftsführer forderte auf «verbal abzurüsten». Angesichts der bereits am Tag nach dem Pokalauftritt unserer SGD in Hannover sich breitmachenden Hysterie in der Presselandschaft, die zur Veranschaulichung der vermeintlich «bürgerkriegsähnlichen Zustände» gern Bildmaterial falsch verwendete oder mit willkürlichen Unterschriften versah, dringend notwendig.

Hysterische Forderungen nach dem Abbau der Stehplätze, Fußfesseln, Gesichtsscannern und der Übernahme von Polizeikosten werden dabei gleich mit entkräftet. Interessanterweise hat Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern zu Beginn des Jahres eine Machbarkeitsstudie zur Durchsetzung von Gesichtsscannern in Auftrag gegeben. Ein Schelm, der einen Zusammenhang mit der Hardliner-Tour des derzeitigen Vorsitz der Innenministerkonferenz, Lorenz Caffier, vermutet. Die Innenministerkonferenz spricht sich in ihrer endlosen Weisheit übrigens u.a. dafür aus, «zusätzliche Kosten» den Vereinen aufzubürden und dass alle rechtlichen Möglichkeiten gegen Pyrotechniker ausgeschöpft werden. Solche Aussagen dürften ein Graus für jedes Fanprojekt sein, zeigen sie doch, wie massiv eigentlich die Angst der Innenminister vor jugendlichen Pyro-Freunden ist und welche Repression daraus aus Sicht der Innenministerkonferenz folgen müsste. «Erwischte» Pyrotechniker werden übrigens schon lange sanktioniert, liebe Volksvertreter.

Der Sicherheitsbeauftragte Sven Brux vom FC St. Pauli stellte eindrucksvoll heraus, dass eine weitere Kürzung sozialer Ausgaben zu einem immer größeren Umfang sozialer Arbeit der Vereine im Umgang mit den Fans führe. Der Staat würde sich aus der Verantwortung stehlen und im Nachgang die Vereine in die Pflicht nehmen, obwohl sie die Probleme nicht lösen könnten, mit denen sie nur durch Versäumnisse der Politik konfrontiert wären. Er erklärte auch eine Umstrukturierung der Stadien nach englischem Vorbild mit unerschwinglichen Eintrittspreisen für nicht sinnvoll, da Fußball als wichtiges emotionales Ventil der Gesellschaft und vor allem junger Männer wegfallen würde. Gleichwohl nahm er die Medien in die Verantwortung, doch auch mal über die ganzen positiven Effekte der Fanarbeit und die zahlreichen wohltätigen Projekte zu berichten. Hierbei seien auch die oft medienscheuen und misstrauischen Fans gefragt, ihre Position öfter vor einer Kamera sachlich darzustellen um eine Gegenöffentlichkeit zu schaffen und eigene Interessen zu verbreiten und zu vertreten. Voraussetzung dafür wären aber sauber recherchierte und richtig darstellende Meldungen, die er einforderte.

Allgemein wurde immer wieder der Dialog auf Augenhöhe bekräftigt, bei dem eine sachliche Berichterstattung unumgänglich und notwendig ist. Brux bemerkte, dass auf beiden Seiten immer mehr Quereinsteiger zu finden wären, die den Fußball als Bühne benutzen. Einerseits Funktionäre, denen der Bezug zum Spiel fehle und die marketing- und gewinnorientiert denken würden und zum anderen auch unter den Fans, bei denen mitunter eher die Abenteuerlust und das Zugehörigkeitsgefühl zu einer Gruppe im Vordergrund stehe und einigen der Verein dabei gar nicht so sehr am Herzen liege. Auch die institutionelle Macht einiger Weniger (Verband) gegenüber einer großen dynamischen Masse erfordert dabei Kompromissbereitschaft von allen Seiten. Fans müssten sich dabei auch als verlässlicher Partner zeigen und genau wie alle Beteiligten (Polizei, Verband,…) selbstkritisch das eigene Handeln hinterfragen. St. Pauli-Sicherheitsbeauftragter Brux wusste in diesem Zusammenhang beispielsweise darzulegen, dass sogenannte Vollkontrollen nur sporadisch einsetzbar seien und ohnehin eine hohe rechtliche Hürde überwinden müssen. Daher hält er sie zurecht für nicht sinnvoll um Pyrotechnikschmuggler zu identifizieren.

Einen besonderen Stellenwert nahm die Diskussion um das Konzeptpapier «Sicheres Stadionerlebnis» ein. Missverständnisse wollte hier der DFL-Geschäftsführer und Justiziar Jürgen Paepke ausräumen. Auch er bezog sich auf die sogenannten Vollkontrollen, die von der DFL gar nicht angeordnet werden könnten. Man wolle lediglich Infrastrukturen schaffen, sollten sie notwendig werden. Das ist in etwa so, wie sich ein neues Auto zu kaufen und es nur für den Notfall in der Garage stehen zu lassen.

Befriedigende Antworten blieb er auch zu kritischen Nachfragen bezüglich der vorgeschlagenen Kollektivbestrafung widerspenstiger Fanklubs und dem Personalienaustausch vermeintlicher «Fußballstraftäter» zwischen Polizei und DFL schuldig. Auch widersprüchliche Aussagen zum Umgang mit Pyrotechnik kann Paepke nicht zufriedenstellend erklären. So bleibt nach der anschaulichen Schilderung des repressiven Umgangs mit Auswärtsfans inklusive Durchsuchungen im jugendgefährdenden Bereich durch eine Besucherin aus der Ultràszene nur die logische Forderung, dass Papier in der derzeitigen Form rundweg abzulehnen und in Zusammenarbeit mit den Fans eine neue Lösung zu erarbeiten. Eine Einsicht, die anscheinend auch Andreas Rettig und Jürgen Paepke mittlerweile teilen. Zumindest räumt Paepke ein, dass die vermeintliche Vorgabe der Inhalte und Handlungsanweisungen an die Vereine falsch gewesen seien. Rettig stellt fest, dass nur gemeinsam eine Lösung geschaffen werden kann. Dabei legt er, genauso wie Paepke, großen Wert auf individuelle Lösungen, die den jeweiligen Gegebenheiten der Vereine angepasst sind. Seine Erfahrungen als Bahnfahrer zu Auswärtsfahrten haben Verständnis für die Sorgen der Fans geschaffen, behauptet Rettig.

Besonders gelobt wurde die Arbeit der Fanprojekte, die großartige Sozialarbeit leisten würdem. Rettig unterstreicht eine präventive Arbeit auf hohem Niveau und unisono fordern die Fanvertreter, diese auch durch eine Erhöhung der Finanzierung weiterhin zu erhalten und zu optimieren. Als wichtige Grundlage im Gesamtkonzept des Fußballs dürfen sie auf keinen Fall vernachlässigt werden.

Zu vielen Themen werden an diesem Tag Meinungen und Position bezogen und im Allgemeinen ist man sich einig, oder sieht zumindest Möglichkeiten, Kompromisse zu finden. Nur bei Pyrotechnik bleiben die Fronten verhärtet. Paepke und Rettig sehen keine Grundlage und verurteilen das unkontrollierte Abbrennen. Auch der Sicherheitsbeauftragte Brux steht der Sache skeptisch gegenüber, gibt den Fans allerdings einen Vertrauensvorschuss. Die vorgeschlagenen Möglichkeiten zum kontrollierten Umgang mit Pyrotechnik hätten zumindest eine Chance verdient gehabt. Es war falsch, die Hoffnung spendenden Gespräche abrupt enden zu lassen. Da die Verantwortlichkeit zur Gewährleistungen der Sicherheit im Stadion immer noch beim Verein liegt und dieser somit in Regress genommen wird, sieht er da keine Möglichkeit der Lockerung. Er sehe es zwar auch gern, man müsse sich aber fragen, ob das Gezündel den Verlust vieler Errungenschaften der Fankultur wert sei. Vielleicht, räumt er ein, müsse man die gesamten Rechtsgrundlagen überarbeiten, da sich verändernde gesellschaftliche Phänomene auch eine angepasste Gesetzeslage fordern. Auch Rettig stellt fest, dass die Zeit des Gehorsams vorbei sei.

Abschließend wird in der sachlichen Art und Weise des ganzen Tages ein «live» geschriebenes Positionspapier von allen Anwesenden gemeinsam diskutiert und zurecht gefeilt. Hauptpunkte darin sind, die Positionierung der Fans gegen ein Parallelstrafrecht, das der derzeit gängigen Praxis der auch von Brux für «legitim» gehaltenen Stadionverbote eine Absage erteilen müsste. Kollektivstrafen für widerspenstige Fanclubs werden ebenfalls als nicht haltbar deklariert. Heftig umstritten ist der Paragraph der Gewaltfreiheit, der im Laufe der Feinjustierung besonders genau unter die Lupe genommen wird. Einige Teilnehmer sind der Ansicht, dass eine weitere Rechtfertigung zu diesem Thema nicht mehr notwendig sei. Schließlich wird er etwas abgemildert und tauscht seine Spitzenposition mit einem Platz im Mittelfeld. Es sei wichtig, sich noch einmal dazu zu positionieren. Damit sei dann aber auch genug, ist der Tenor. Weiterhin wird eine stärkere Einbindung der Fans in Entscheidungsprozesse der Vereine gefordert, z.B. durch Mitgliedschaft von Fans in Vereinsgremien. Grundlage dafür ist der regelmäßige und sachliche Dialog zwischen Vereinsvertretern und Fans. Der Fußball kann nur durch die Erkenntnis, dass alle Beteiligten eine Solidargemeinschaft bildeten, in seiner jetzigen Form erhalten werden.

Einen ersten Versuch der Mitbestimmung gibt es bereits im Videotext von Sport 1 zu bestaunen. Hochinvestigativ wird dort die Frage nach einer Einführung von Nacktkontrollen gestellt. Davon abgesehen, dass alle Vertreter am Donnerstag von verbaler Abrüstung sprachen, kann man nur hoffen, dass das nicht exemplarisch für die viel geforderten Augenhöhe, Sachlichkeit und Mitbestimmung ist.

Ein Anfang ist gemacht und wird hoffentlich nicht im Sande verlaufen. Der Wunsch, in dieser Form vereinsübergreifend weiter zu arbeiten, trifft zumindest an diesem Tag auf breite Zustimmung.

Weitere Informationen unter:

Kleine Anfrage der LINKEN zu Ultrà, Finanzierung der Fanprojekte und den Ergebnissen des Runden Tisches des Bundesinnenministeriums vom November 2011
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/080/1708051.pdf

Konzeptpapier «Sicheres Stadionerlebnis»
https://www.dropbox.com/s/b0tekb3hz5o7rqf/Kommission%20Sicherheit_Mitgliederversammlung_27%2009%202012.pdf

Beleg Machbarkeitsstudie Gesichtsscanner
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/087/1708714.pdf (Anfrage)
http://dip.bundestag.de/btd/17/090/1709003.pdf (Antwort)

 

Danke an Steffen für das zur Verfügung gestellte Bildmaterial!

Auswahl: die «besten» Medienberichte der vergangenen Tage

Nachdem die Berichterstattung der vergangenen Tage über die vermeintlichen «Ausschreitungen» von Hannover wie üblich von Undifferenziertheit, Falschaussagen und Dramatisierungen geprägt war, stellt sich nicht nur die Frage, was beim Pokalspiel tatsächlich von statten gegangen ist. Es ist auch eine grundlegende Fragestellung: Welche uns zugetragenen Informationen können wir glauben, auch im Fußballkontext?

Zur Dokumentation der schlecht recherchierten und teilweise bewusst erlogenen «Informationen» aus den Beiträgen der vergangenen Tage haben wir euch eine kleine Auswahl der besten, dreistesten Medienschwindeleien zusammengestellt:

Kategorie Bildmanipulation

In der Kategorie Bildmanipulation drängen sich gleich mehrere Medien um die Erwähnung in diesem Artikel auf:

Der Mitteldeutsche Rundfunk fällt besonders durch die kreative Nachbereitung auch im farblichen Bereich auf. Gut gemacht, Praktikant! Mit dem Bericht qualifizierte sich der MDR übrigens auch noch für die Erwähnung in den Kategorien «Recherche-Pech», «Drama» und «Pinocchio» (siehe unten).

Aber auch die überregionalen Medien fallen durch kreative Bild-Inhalt-Kompositionen auf. So verwendeten sowohl der «Berliner Kurier» als auch «ran.de» Bilder von Hannoveraner und Kölner Fans und behaupten in den jeweiligen Bildunterschriften, es handele sich dabei um Fans der SG Dynamo.

Wir gratulieren den hier erwähnten Berichterstattern!

Kategorie Recherche-Pech

Auch im Bereich Recherche gab es einige Fehltritte innerhalb der deutschen Presselandschaft. So wurden entgegen der offiziellen Pressemitteilung der Polizei Hannover teils waghalsige Behauptungen aufgestellt. Besonders auffällig war hierbei, dass sich eine Vielzahl an Journalisten offensichtlich gar nicht mehr damit beschäftigte, geschriebene Texte vor dem Veröffentlichen nochmal zu überprüfen. So sagt beispielsweise der FOCUS in seiner Artikelüberschrift:

Festnahmen beim Pokal-Spiel …

Interessant dabei ist nicht nur, dass in der Pressemitteilung der Polizei lediglich von Ingewahrsamnahmen die Rede ist, sondern auch, dass der FOCUS selber in seinem Artikel mit keinem Wort Festnahmen erwähnt, sondern ausschließlich von Ingewahrsamnahmen spricht.
Nun gut, so bitter das ist, der FOCUS sprach zumindest von Ingewahrsamnahmen, etliche weitere Medien redeten von 18 Festnahmen. Trotz sonst wirklich sehr ausgeglichener Berichterstattung zum Spiel (das muss an dieser Stelle wirklich lobend erwähnt werden), schoss dann aber die Sächsische Zeitung den Vogel ab, indem sie in ein und demselben Artikel sowohl von 18 Ingewahrsamnahmen, als auch von 18 Festnahmen spricht. Geht’s noch? Nochmal zum groben Unterschied: Ingewahrsamnahme beim Fußball dient meistens der Gefahrenabwehr, Festnahmen erfolgen dann, wenn Personen Straftaten begangen haben. Für diese Rechercheleistungen verdienen alle der unzählbaren Medien, die zwischen Ingewahrsamnahmen und Festnahmen nicht unterschieden haben, eine Erwähnung in diesem Text. Ingsgesamt gab es wohl 16 Ingewahrsamnahmen und 2 Festnahmen.

Vor dem DFB-Pokalspiel zwischen Hannover 96 und Dynamo Dresden ist es zu schweren Ausschreitungen zwischen den Fans gekommen. (laut erwähntem FOCUS-Artikel)

Äh, ja, übrigens:

Polizei unterbindet größere Ausschreitungen (Zitat PM der Polizei Hannover)

Wo die «schweren Ausschreitungen» gewesen sein sollen, die in nahezu allen größeren Medien erwähnt werden, weiß offenkundig auch nicht einmal die Polizei. 😉

Kategorie Drama

Für die Kategorie Drama hat sich mit einem der reisserischsten Artikel der vergangenen Wochen der Videotext des Senders «Sport1» qualifiziert. Der Text spricht eigentlich für sich selbst, Respekt an die zuständigen Redakteure. Wir versuchten übrigens beim Fangipfel in Berlin noch einen der Sport1-Vertreter darauf anzusprechen, sie waren da allerdings leider schon alle wieder verschwunden, als wir den Artikel entdeckt haben:

 

Sehr schön auch die Dramatisierung der Stadionstürmung.

Rund 1400 Fans stürmten das Stadion (Quelle: ARD- & ZDF-Videotext)

Das ist natürlich absoluter Bullshit, auch das hat sogar die gänzlich überforderte Polizei Hannover richtig eingeordnet. Dennoch ist u.a. in der «Berliner Zeitung» zu lesen, dass ein Pressesprecher der Hannoveraner Polizei auf Anfrage mitteilte:

1.400 Fans versuchten vor dem Pokalspiel, die Kontrollpunkte zu durchbrechen (…)

Fragt sich, ob in der Nachbereitung und in der Öffentlichkeitsarbeit der Polizei genauso konfus und ziellos agiert wird, wie an den Stadiontoren.

Ein weiterer Kandidat der Kategorie Drama ist, tadaaa, der MDR!

Gewaltbereite Dynamofans hatten das Spielfeld gestürmt. (laut MDR Aktuell)

Wir haben in einem Bericht vom Pokalspiel beschrieben, wie die gewaltbereite Situation nach Spielende tatsächlich ablief (übrigens mit Video-Beweis! 😉 )

Kategorie Pinocchio

Von Dynamo waren keine Vertreter beim Fangipfel. (laut MDR Aktuell)

Außer je einem Vertreter von Verein und Fanprojekt; einer Person, die alles filmisch und fotografisch begleitet hat; der Fangemeinschaft Dynamo; den Ultras Dynamo (allein drei Vertreter) und uns (allein fünf Vertreter!) war niemand weiter anwesend, das ist richtig. Der MDR war selber übrigens nicht vor Ort, bekam dann aber später wohl das Bildmaterial vom rbb und reimte sich den Rest selber zusammen.

Wir gratulieren allen Erwähnten!

 

Nachtrag: Mittlerweile hat der MDR einige Vorwürfe via Facebook und im Sachsenspiegel aufgegriffen und sich entschuldigt.

Zu den massiven Versäumnissen von Ordnungsdienst und Polizei in Hannover

Einzug in den Europacup gescheitert, Polizei und Sicherheitsdienst mit überheblichem Einsatzkonzept

Unser triumphaler Marsch an die Spitze Europas wurde jäh gestoppt. Das Glück war uns im Elfmeterschießen leider nicht treu, das Ding hätte auch anders ausgehen können. So müssen Inter Mailand, Liverpool und der VfB Stuttgart eben noch auf uns warten. Dass wir auf europäischer Bühne bestehen können, hat das Spiel gegen Hannover 96 eindeutig gezeigt.

Eben nicht Europapokal-tauglich war das Einsatzkonzept der für die Sicherheit zuständigen Personen! Schon erstaunlich, immerhin hatten sowohl der örtliche Sicherheitsbeauftragte als auch die Polizei mit ihrem viel geprießenen Einsatzkonzepten bei Fußballspielen u.a. auf europäischer Ebene doch schon so viel Erfahrung. Wie gut, dass bei Einsätzen wie gegen Slask Wroclaw Ende August die Gästeeingänge schon überrannt wurden. Offensichtlich wurde in Hannover aus massiven Fehlern der jüngsten Vergangenheit nichts gelernt. Sowohl der Sicherheitsdienst als auch die Polizei unterschätzten den Umgang mit 10.000 Gästefans massiv. 500 Leute im Europapokal sind nun einmal nicht das selbe. Diese schier unglaubliche Überheblichkeit der Einsatzkräfte ist als normaldenkender Mensch schlichtweg nicht nachvollziehbar.

Bunter, lauter, frenetischer Fanmarsch

Die auf dem Fanmarsch vom Baumarkt-Parkplatz zum Gästeingang geworfenen Gegenstände auf die Reiterstaffel der anwesenden Polizistinnen und Polizisten waren nicht okay. Auch die dümmlichen «Galata-, Galata-, Galatasaray»-Nazi-Gesänge einiger besoffener Provinzproleten, die eben immer mal wieder bei größeren Auswärtsauftritten der SGD zugegen sind, die auf dem Weg zum Stadion zu hören waren, waren mehr als überflüssig. Dennoch war der Marsch friedlich, wenn man, so wie wir, Pyrotechnik als etwas Schönes interpretiert und nicht als den Untergang des Abendlandes.

Ein Fanmarsch hat für die Einsatzkräfte natürlich den großen Vorteil, dass man abschätzen kann, wann eine große Anzahl an Fans das Stadion erreicht. Das ist gut plan- und händelbar. Nur eben nicht für die Polizei in Hannover. Statt die Tore für die ca. 150 Fans, die bereits vor der Ankunft des Fanmarsches am Stadion waren, zu öffnen, blieben die Tore geschlossen (zwei kurzzeitig geöffnete Mini-Tore wurden schnell geschlossen). Auch bei Ankunft des Marsches (übrigens gespickt mit außerordentlich vielen «Normalfans», der Familienanteil war verhältnismäßig hoch) waren keine Tore geöffnet. Stattdessen war der Eingangsbereich Süd durch die Polizei abgeriegelt. Einige Fans rannten dann — sicherlich in der Absicht, die Zugänge zu stürmen — auf den Eingang zu, was aber anhand des großen Polizeiaufgebotes relativ problemlos hätte geklärt werden können, immerhin sind die Einsatzkräfte ja davon ausgegangen, dass das passieren könnte. Statt aber die Zugangsbereich lediglich zu blockieren und damit zu beginnen, die Leute einzeln durch die Kontrollen zu schicken, griffen mehrere Polizisten die komplette Spitze des Fanmarsches mit Schlagstöcken und Pfefferspray an. Dabei trafen sie aber eben auch Unbeteiligte aus dem Fanmarsch selbst und jene Personen, die bereits am Stadion warteten.

Fans, die einen zweiten offiziellen Eingang benutzen, nachdem der erste Eingang gesperrt wurde – damit konnte niemand rechnen!

Nachdem eine Öffnung der Stadiontore nach einigen Minuten immernoch nicht absehbar war, begab sich eine Gruppe von ca. 250 bis 300 Personen zum Stehplatz-Gästeeingang, die Polizei rannte hilflos hinterher. Von dieser Gruppe sind einige wenige Personen ohne Kontrolle ins Stadion. Das wäre vermeidbar gewesen, wenn die Polizisten vor dem Südeingang nicht so den Starken hätte markieren wollen, immerhin haben genug Berufskollegen vom Innenbereich des Stadions aus die Zugänge abgesichert. Dass diese durch diese wirklich naive und überflüssige Herangehensweise entstandene Lücke am Stehplatz-Eingang «ausgenutzt» werden würde, könnte sich wohl jeder vorher ausmalen, dem Auswärtsspiele nicht ganz fremd sind. Nur der Hannoveraner Polizei, dem Einsatzleiter, dem Sicherheitsbeauftragten und den ganzen sonstigen Personen mit Entscheidungsgewalt scheint das nicht klar gewesen zu sein. Die machen ja auch Europa-League, wer ist da bitte schön der Zweitligist Dynamo Dresden?

Diese Situation war das beste Beispiel dafür, dass auch 1.000 Polizisten im Einsatz einfach nicht für vermeintliche «Sicherheit» sorgen können, wenn sie orientierungslos und gleichzeitig übermotiviert zu Werke gehen. Wenn man sich tatsächlich mit den bisherigen Erfahrungen der SGD im Umgang mit uns Fans vertraut gemacht hätte, wäre die gutmütige Polizistin, die vielfach in der Presse zitiert wird (haben die nicht Pressesprecher?), wohl niemals in Todesangst verfallen. Sofern es diese Polizistin überhaupt gibt.

In der Zwischenzeit drängte auch der hintere Teil des Fanmarsches nun an den Südeingang, was zur Folge hatte, dass das Gedränge bei den immernoch geschlossenen Toren natürlich immer dichter wurde und damit auch der Druck auf die vorderen Reihen erhöht wurde. Lehmann und Christian Kabs vom Fanprojekt waren an den Eingangstoren, breit wie eine Zimmertür, um die Menge zu beruhigen, die dort nun seit einer geschlagenen halben Stunde auf Einlass wartete. Nachdem Lehmi mehrfach auf Anweisung der Polizei hin äußerte, dass die Tore «in zwei Minuten geöffnet werden» würden, wenn alle einen Schritt nach hinten gehen und ruhig bleiben würden, taten mehr und mehr Fans am Südeingang ihren Unmut kund, als genau dies eben nicht geschah. Lehmann agierte dort wirklich großartig, das muss an dieser Stelle einfach festgehalten werden.

Von hinten fingen Anhänger vemehrt an, Druck aufzubauen. Durch das mittlerweile polizeilich abgesicherte Eingangstor zu den Stehplätzen sind andere Fans in der Zwischenzeit relativ problemlos ins Stadion gekommen, auch wenn es dort wohl vereinzelt Probleme mit den Eintrittskarten gab. Das blieb natürlich dem Pulk vor dem Südeingang nicht verborgen — etliche Menschen waren im Stadion, aber die drei mittlerweile geöffneten Tore vor der eigenen Nase ließen die Fans nur im Schneckentempo hindurch. Das Gepöbel ging zu diesem Zeitpunkt wirklich von den unterschiedlichsten Fans aus, sodass es sich hier keineswegs um eine aggressive Stimmung seitens gewaltbereiter Dynamofans handelte, sondern um den absolut begründeten Frust und auch um Angst der in der Masse «gefangenen» Fans jedweden Alters.

Nachdem einzelne Personen unseres Dunstkreises, welche z.T. auch mit vor dem Südeingang ausharrten, nach knapp eineinhalb Stunden (trotz lediglich 3 m Abstand zum Eingangstor!) endlich bei den Durchsuchungen durch den Sicherheitsdienst angekommen waren, versuchte man zuständige Personen ausfindig zu machen. Aber auch das an diesem Tag wahnsinnig rotierende Fanprojekt, war im direkten inneren Eingangsbereich zu diesem Zeitpunkt nicht aufzufinden. Hier wäre womöglich zu überlegen, ob bei so einem Spiel nicht auch ein Mitarbeiter mehr vor Ort sein könnte.

Im Stadionbereich am Südeingang standen zudem etliche behelmte Polizisten, die übermotivierte Prügel-BFE, der Hannoveraner Sicherheitsdienst und unsere Dresdner Securities. Viele Menschen warteten in der Nähe der Eingänge, um ihre im Gedränge verlorenen Freunde, Frauen, Männer, Kinder, etc. wiederzufinden. Dort wurden häufig Person äußerst brachial von den Uniformierten weggezerrt, geschubst und letztlich zu den Blöcken geschickt. Wenn man die vermummten Polizisten nach deren Dienstnummer, dem Namen und den Namen des direkten Vorgesetzten fragte, setzte es dumme Sprüche und Pfefferspray. Die geforderten Informationen gab es natürlich nicht, aber jeder Fußballfan weiß, dass das Usus ist. Stattdessen wurde von einem Mitglied unserer Initiative bspw. folgender Dialog mit einem Polizisten geführt:

A.: «Sie müssen dringend weitere Tore öffnen, der Druck da draußen ist massiv. Dort stehen etliche ‚Normalofans‘. Das ist unverantwortlich!»

Polizist: «Hier stürmt keiner rein, das könnt ihr vergessen. Hier kommt keine Pyrotechnik rein.»

A.: «Was dort draußen passiert, habt ihr zu verantworten, wenn es dort verletzte Kinder gibt, ist das eure Schuld.»

Polizist: «Wenn die Pyrotechnik rein kommt, werden die Kinder dann drinnen verletzt.»

An dieser Stelle griff glücklicherweise ein weiterer Dynamofan ein. Die krude Angst vor Pyrotechnik, so streitbar das Thema für die Öffentlichkeit sein mag, darf nicht dazu führen, dass organisatorische Grundlagen beim Ablauf von Fußballspielen soweit eingestellt werden, dass für etliche Personen die körperliche Unversehrtheit gefährdet wird.

Den Umgang mit gewalttätigen Fans lernen

Es ist nachvollziehbar, dass in der öffentlichen Diskussion bestimmte Verhaltensweisen von Fußballfans geächtet werden — wenn man aber, wie das Sicherheitsdienst und Polizei in Hannover durchaus wussten, damit zu rechnen ist, dass ein geringer Teil von Fans nun einmal diese Verhaltensweisen an den Tag legen könnte, dann muss man damit umgehen können, gerade mit dem Wissen um das Spiel gegen Dortmund. Die polizeiliche Einsatzleitung hat in ihren Aufgaben am Südeingang des Stadions vollständig versagt. Die Einschätzung von Einsatzleiter Bernd Kirschning kommt in Anbetracht der gravierenden Fehler, die die Polizei an diesem Abend gemacht hat, wie blanker Hohn daher: «Wir waren vom Kräfteansatz gut aufgestellt und konnten den Situationen konsequent begegnen. Leider haben die Dynamo-Fans den Empfehlungen der Polizei nicht immer Folge geleistet, so dass sie wieder nichts dazu beigetragen haben, um ihr schlechtes Image zu verbessern.»

Es muss ganz klar konstatiert werden, dass eine Gefährdung hunderter Personen in Kauf genommen wurde. Die fehlende Intervention der zuständigen Personen kann nicht zur Schuld der Dynamofans umgedeutet werden, wenn ein Polizeisprecher im Nachgang sagt: «Wir sind sehr enttäuscht. Da war viel Aggression drin. Die Gewalt gegen Polizisten ging ausschließlich von den Dynamofans aus.» Gleichermaßen ging die Gewalt gegen Dynamofans nahezu vollständig von den eingesetzten Polizeibeamten aus. Dort war viel Aggression drin!

Wir fordern daher die SG Dynamo Dresden auf, den begonnen Weg der kritischen Aufarbeitung der Ereignisse fortzuführen und die gravierenden Versäumnisse von Hannover 96, dem Sicherheitsdienst und der Polizei in der Stellungnahme an den DFB entsprechend zu thematisieren.

Der Platzsturm nach dem Spiel war sicher nicht sonderlich klug, wurde aber keineswegs in gewalttätiger Absicht vollzogen. Diese Sicht teilte auch die Polizei Hannover in ihrer Pressemitteilung. Vielmehr ging es dort, vielleicht abgesehen von drei, vier Personen (!), ausschließlich darum, den Kontakt zur Mannschaft zu suchen, die Elfmeterschützen zu trösten und mit etwas Glück ein Trikot abzustauben.

 

Der Bericht von spuckelch deckt sich sehr mit unserer Wahrnehmung der Geschehnisse.